150.000km mit der BREVA V1100

Ein Bericht über eine lange und schöne Zweierbeziehung mit der Breva V 1100 ie. und die Leidenschaft für Moto Guzzi´s, am Anfang war die LeMans II der größte Schatz und das T3 Gespann mit Walter TR500 N3 Seitenwagen ein Juwel mit Spaßfaktor…

Nachdem ich, Wolfgang, an meiner LeMans II (meine erste Guzzi, Baujahr und Kauf 1980) nach gut 125.000km einen Kurbelwellenbruch hatte, fuhr ich danach nur mit meinem T3 Gespann (Baujahr 1981, 1986 kam ein Walter TR500 N3 Seitenwagen hinzu) weiter, welches ich mir 3 ½ Jahre nach der Geburt meiner Tochter Tamina, 1992 zugelegt habe. Dies war mir wichtig, da ich viel mit Tamina unterwegs war und auf das Motorradfahren nicht verzichten wollte, zudem vorteilhaft, da die Sitzposition auf meiner LM (in der letzten Evolutionsstufe mit langem Alutank, sehr harter Wechselhöckersitzbank, weiter zurück und höhergelegte Fußrastenanlage), für meine damals bereits angeschlagenen Bandscheiben absolut ungünstig war, am Gespann jedoch konnte ich gut aufrecht sitzen. Meine Bandscheibenprobleme bekam ich mit Physiotherapie und Training in den Griff, und in mir reifte der Wunsch, wieder eine Sologuzzi zu  fahren. Doch gab es lange kein für mich attraktives Modell, ein Motorrad für (fast) alle Einsatzbereiche, also Touren, Pässe, flotte Landstraßenfahrten und alltägliche Zweckfahrten wie Einkaufen oder Arbeitsweg.

 

Irgendwann im Jahr 2004 hörte ich von einer kommenden Tourenmaschine mit neu entwickeltem Motor. Außenliegender Ölfilter und Doppelzündung (hatte ich bei meinen beiden „Tonti Guzzi“ umgerüstet) waren serienmäßig, aufrechte Sitzposition, großer Tank – mein Guzziherz begann höher zu schlagen. Und so wurde bald klar, dies wird meine nächste Guzzi. Im Juli 2005 übernahm ich sie dann endlich, in Schwarz, mit roter Sitzbank, das originale Windschild, HepcoBecker Sturzbügel und ein 3teiliges Kofferset mit Halterungen, auch von HepcoBecker konnte ich raushandeln. Alle erwähnten Extras montierte ich gleich in den darauffolgenden Tagen, die unbrauchbare Serienhupe musste einer wirkungsvollen 2Klanghupe weichen. So war meine Breva einsatzbereit, und es begann eine bis heute anhaltende „Zweierbeziehung“.

Und gleich die ersten Kilometer mit der Breva zeigten mir, dass diese Guzzi die richtige für mich ist. Das Handling trotz des Gewichts von ca. 240kg begeisterte mich auf Anhieb.  Freilich war ich den rund 30 Jahre älteren Tonti Rahmen gewohnt und es wäre wohl schlimm, wenn da keine Weiterentwicklung merkbar gewesen wäre. Einzig das Drehmomentloch zwischen 3500 und 5000U/min trübte die,  sonst in allen Belangen, feststellbare Freude an der Breva. Doch erfüllte das Motorrad alle von mir gestellten Erwartungen und ich fuhr gleich im ersten Jahr über 10.000 km,  dabei kam ich, gemeinsam mit Arno auf einer California 3, auch zum Giornati Mondiale Guzzi 2005 nach Mandello.

Im Jahr 2006 gab es eine Rückrufaktion bei Guzzi, bei bestimmten Chargen wurden die CARC Endantriebe getauscht. Auch meine Breva erhielt einen neuen Endantrieb. Und auch in diesem Jahr ging es wieder mit Arno nach Mandello zum GMG, doch diesmal hatte ich meine mittlerweile erwachsene Tochter am Sozius mit und entsprechend viel Gepäck. Nun konnte die Breva auch ihre Soziatauglichkeit unter Beweis stellen. Und dies tat sie mit bravour. Tamina empfand die Sitzposition als sehr bequem und stieg nach mehrstündiger Fahrt völlig entspannt ab. Ich erfreute mich mehr am Drehmoment, es macht eben manchmal Spass, zu zweit Solofahrer bergauf (den Maloyapass) zu versägen…  Nun aber wieder zurück zum getauschten Endantieb, denn eben dieser bescherte mir die erste Reparatur an meiner Guzzi. Gemeinsam mit Klaus war ich auf dem Weg, über einige Pässe Südtirols, nach Mandello del Lario zum Giornati Mondiale Guzzi 2007. Am zweiten Tag unserer Tour bemerkte ich bei einer Pause kurz vor Kaltern, das am Hinterreifen frische Ölspuren sind. Das bedeutete für mich (und damit auch für Klaus) die letzten ca. 250km bis Mandello sehr vorsichtig zu fahren. In Mandello fuhren wir gleich zu Agostini (die bekannteste Guzziwerkstatt in Mandello). Obwohl Samstag 16:30, wurde der kaputte (große) Wellendichtring am Kardan sofort ausgetauscht und nach nicht einmal einer Stunde war das Problem beseitigt und wir konnten das Treffen genießen. Bei dieser Reise mit über 8 Passüberquerungen zeigte sich die Breva als sehr sportlich fahrbares Motorrad.

Die nächste Reparatur betraf die rechte Ölleitung zum Ölkühler. Diese scheuerte an der Kunststoffverkleidung, welche unterhalb des Ölkühlers montiert ist. Zum Glück erkannte ich dies rechtzeitig, ließ mir bei einem Landmaschinenhändler eine neue Ölleitung pressen und mittels Dremel fräste ich die Plastikverkleidung so aus, daß kein Scheuern mehr möglich war. Kurz danach traf ich beim Guzzi Treffen in Kirchberg am Wechsel einen bekannten Brevafahrer aus Wien, der das gleiche Problem hatte, dies allerdings nicht bemerkte und wegen Öl am Hinterrad fast einen Sturz hatte.

Die nächste außerplanmäßige Reparatur war nach etwa 4 Jahren, als eine Schraube des linken vorderen Bremssattels festgefressen war und beim Ausbau das Gewinde des Tauchrohres zerstörte. Die Ursache dafür war, das ich zu lange in den Winter reingefahren bin und auf den Straßen schon zu viel Streusalzlösung war, so korrodierte die Stahlschraube mit der Alulegierung des Tauchrohres. Seitdem werden Schrauben mit Kupfer- oder Keramikpaste eingeschraubt!

Im selben Jahr, also 2009, spendierte ich der Breva eine MRA Spoilerscheibe, dadurch sind die Windgeräusche und die Verwirbelungen im Helmbereich noch etwas weniger geworden. Auch ersetzte ich die originalen Blinker durch kleinere LED Blinker. Vorne  montierte ich Blinkerspiegel von Louis, die Blinker am Scheinwerfer demontierte ich.

Im Juni 2010 bekam die Breva von Peter Lamparth ein neues Maping eingespielt und das Motorrad wurde gut eingestellt. Dadurch verbesserte sich der Motorlauf, das Drehmomentloch zwischen 3500 und5000 U/min verschwand weitestgehend, nebenbei reduzierte sich der Benzinverbrauch. Der Spaßfaktor der Breva stieg durch diese Optimierung deutlich! An dieser Stelle ein Danke an Peter Lamparth!

Ebenfalls 2010 verbesserte ich den Spritzwasserschutz im Bereich des Hinterrades. Nachdem der, am Zubehörmarkt erhältliche, Hinterradkotflügel nicht den von mir erwarteten Effekt (Stoßdämpfer vor Spritzwasser schützen) erfüllte, begann ich mit Gummimatte, Flachalustreifen und Dichtmasse den Raum zwischen Batterie Stauraum und Hinterradschwinge zu schließen, seither ist das Federbein geschützt.

Der Weg zurück führte uns noch nach Mandello, dem Ursprung aller Guzzi Motorräder

Es dürfte im Jahr 2011 gewesen sein, daß die Breva, wenn sie am Seitenständer stand, auf Höhe des Schwingenlagers einen Ölfleck hinterließ. Die Ursache dafür war schnell ausgemacht, der Wellendichtring des Endantriebes zur Schwinge war defekt. Also Wellendichtring und die Wellenmutternuß bei S-D bestellen und an die Arbeit – doch die Wellenmutternuß passte nicht, die musste ich erst innen ausdrehen lassen, damit ich an die Wellenmutter kam. Dann war diese Arbeit schnell erledigt. Etwa 10.000km später, ich war auf der Rückfahrt vom Guzzi Treffen in Losenstein, war ein schlimmes Geräusch zu hören, das immer lauter wurde. Zuhause angekommen,  zerlegte ich meine Breva erstmals. Mein erster Verdacht war die Kupplung, aber die war gut, doch tauschte ich bei dieser Gelegenheit gleich die Reibscheiben, das wäre ohnedies in ein bis zwei Jahren notwendig gewesen. Ich prüfte das Getriebe, das war auch gut, ebenso der Motor. Also Guzzi wieder zusammenbauen und hoffen – umsonst, das Geräusch war noch immer da, so blieb nur der Endantrieb als mögliche Ursache über. Im ebay fand ich einen gebrauchten Endantrieb mit Schwinge und baute diesen ein und das Geräusch war weg. 10.000km später, gegen Ende der Saison 2012, aber kam das selbe Geräusch wieder – und nachdem ich von niemandem eine Erklärung dafür bekommen konnte (ich telefonierte auch mit Peter Lamparth, der konnte mir im Moment auch nicht mit einer Ursachenerklärung weiterhelfen, doch er hatte einen gebrauchten Endantrieb, so war die „Zukunft“ wenigstens gesichert, und ich schickte ihm meine kaputten Endantriebe), war Brainstorming angesagt.

Schritt für Schritt ließ ich das Zerlegen der Breva noch einmal in meinen Gedanken ablaufen und fand nur eine mögliche Erklärung: da der Wellendichtring vom Endantrieb in die Schwinge undicht war, kam da Öl rein, die Kardanwelle ist zwecks Ruckdämpfung zweigeteilt und mit Silentpuffern formschlüssig verbunden. Durch das Öl weichte sich diese Silentverbindung auf und die Kardanwelle längte sich und drückte auf die Lager im Endantrieb. Also rief ich Peter Lamparth noch einmal an, erzählte ihm meine Vermutung, er meinte ich solle mit der Kardanwelle und der Breva (mit ausgebautem Hinterrad und ohne Endantrieb kommen) und dann schauen wir uns das Ganze an, danach könne ich ja bei ihm die Breva mit seinen Gebrauchtteilen wieder zusammenbauen…

Das Aufladen der „teilweisen“ Breva war nicht gerade einfach, doch mit Kreativität und Helfer bekam ich das hin und mit der Breva am Hänger fuhr ich ca. 350km nach Bad Boll zu Peter Lamparth. Nach einem Begrüßungskaffee verglichen wir meine Kardanwelle mit einer anderen und – meine war um etwa 8mm länger als die andere – meine Erklärung war also richtig – Peter meinte, so etwas habe er noch nicht erlebt… so hat auch er was dazugelernt (freilich hätte ich auf diese Art von „Lehrtätigkeit“ gut und gerne verzichten können – LEHRGELD hat offensichtlich mehrere Bedeutungen). So begann die Saison 2013 erst im April, doch seitdem war, außer Service und Verschleißteile tauschen, (fast) keine Reparatur notwendig. Dafür optimierte ich die Breva für die kalte Jahreszeit, in dem ich die Handprotektoren der Moto Guzzi Stelvio an die Lenker meiner Breva montierte. Ein einfacher Umbau mit großer Wirkung, sowohl bei Kälte als auch bei Regen. Im Frühjahr 2014 verbesserte Ich die Sichtbarkeit meines Motorrades, indem ich die Handprotektoren, die Spiegel, die Kunststoffseitenteile unter dem Tank sowie die Lufteinlässe zwischen diesen in einem kräftigen Gelb lackierte.

So folgte eine Zeit mit vielen Alltagskilometern und einigen Guzzitreffen und 2014 einer Kroatienreise, auf die Insel Cres gemeinsam mit Klaus und dem anschließendem Besuch des Guzzitreffens in Kirchberg am Wechsel als Abschluss. Gleich danach machte ich noch eine 5Tagestour nach Karlsruhe und einem Besuch von Guzzifreunden im Elsass.

2015 folgte dann das Highlight – eine Sardinienreise mit 4 weiteren AQUILE DELLA STRADA Guzzisten. Doch davor ging es mit Klaus noch einmal zu Peter Lamparth, wo wir unsere Motorräder noch einmal durchchecken ließen. Auf dieser Fahrt überschritt ich mit der Breva die 100.000km Marke. Bald darauf machten wir uns zu sechst auf 5 Guzzis auf den Weg Richtung Sardinien, die erste Etappe führte uns nach Terlan in Südtirol, wo wir einmal nächtigten. Am nächsten Tag fuhren wir weiter bis Livorno, von wo uns am Abend eine Fähre nach Olbia auf Sardinien brachte. Im Hafen von Livorno stieß noch ein Guzzist aus dem Pongau zu unserer Gruppe.

Als wir nach der nächtlichen Schiffsreise am Morgen in Olbia an Land fuhren, machten wir uns auf den Weg Richtung Arbatax. Etwa 25km vor unserem Ziel trafen wir 3 Bekannte aus unserer Gegend, die bereits am Vortag mit einem Transporter und ihren Motorrädern (davon eine Guzzi) darin, in Sardinien ankamen. Sie führten uns direkt zu unserem Quartier, dem Marina Torre Navarrese Resort in Santa Maria Navarrese. Dies war für die folgenden 11 Tage unser Stützpunkt, von wo wir unsere Tagestouren starteten.

In Arbatax bekam meine Breva eine neue, noch kräftigere 2Klanghupe, die Alte hatte im Verlauf der Jahre durch die Witterungseinwirkung an Intensität verloren. Zwei Tage vor unserer Abreise brach während einer Tour der Schalthebel an meiner Breva, ein Mechaniker in Aritzo reparierte diesen recht kreativ (Aluguss konnte er nicht schweissen), sein Provisorium hielt immerhin über 5000km.

Für mich war Sardinien  ein Intensivkurs für sportliches Motorradfahren in einer wunderschönen Umgebung, guten Grip auf den Straßen mit meist durchgehenden Kurvenverläufen unterschiedlichster Radien und achtsameren Verkehrsteilnehmern (dies gilt vor allem für die Einheimischen) als wir von Zuhause gewöhnt sind. Leider fordert dieses Motorradparadies auch seine Opfer, auch unsere Gruppe blieb von Stürzen nicht verschont, glücklicherweise verliefen diese eher glimpflich, wir lernten aber Motorradfahrer kennen, die Freunde verloren hatten. In den 17 Tagen unserer Reise legte ich 4000km zurück, im gesamten Jahr 2015 waren es etwa 17.000km.

Im darauffolgenden Winter baute ich in die Handprotektoren LED-Tagfahrlichter, die ich bei ebay günstig erstand und LED-Blinker aus einzelnen LEDs in verschiedenen Durchmessern, ein (die Leuchtkraft der Spiegelblinker war mir zu gering), die gelben Teile wurden neu lackiert, nun in Leuchtgelb, auch der Kotflügel wurde teilweise gelb, mit Chromfolie wurde das Design dem gesamten Motorrad angepasst. Auch die Sitzbank erhielt einen neuen Bezug, jedoch nicht mit Leuchtgelb, da kein UV beständiges Kunstleder in der Signalfarbe erhältlich ist.

Im Winter 2017/18 brachte ich meine Breva zu Thomas Stacheter, der baute mir eine neue Ölpumpe (ich kaufte diese bei HMB-Guzzi, made in Germany, Thomas Stacheter befand diese als sehr hochwertig…) ein, wechselte den Keilriemen der Lichtmaschine (der 2.Wechsel dieses Teils) und checkte das Motorrad durch. Dabei stellte er einen Riss in der Auspuffanlage fest, den er zuschweißte, außerdem war die Umlenkung der Hinterradschwinge zum Federbein ausgeschlagen und eine Schraube festoxidiert. Die Umlenkung hatte ich noch von dem Kauf des Endantriebs mit der Schwinge im Jahr 2011 zuhause liegen. Dabei wurden alle Schraubverbindungen mit Keramikpaste behandelt. Nach diesen Umbauten folgten wieder problemlose Alltagskilometer, dazwischen waren Tagestouren und der Besuch einiger Guzzitreffen die Highlights und Mitte November, am Beginn einer Ausfahrt zum Gosausee, war es dann soweit, die 150.000km Marke wurde von mir überschritten.  Kurz danach wurde die Saison durch Schneefall und der damit verbundenen Salzausbringung jedoch viel zu früh beendet.

Bis jetzt fuhr ich die Breva mit dem, in meiner Betriebsanleitung empfohlenen 5W40 Motoröl, mit dem ich recht zufrieden war, einzig bei flotter Fahrweise an Tagen mit hoher Außentemperatur war ein leichtes klingeln unter starker Last zu vernehmen. Auch der Ölverbrauch war nie ein Thema, obwohl der Wechsel des kupplungsseitigen Wellendichtring ansteht. Ab jetzt (März 2019) probiere ich ein 10W60 Motoröl. Der Benzinverbrauch lag zwischen 5 und 6 Litern Super 95 Oktan, Super Plus bekam sie nur ganz selten. Zu Beginn fuhr ich den Metzeler Z8 Reifen (war damals die Originalbereifung), wechselte dann aber zu den jeweils aktuellen Michelin Pilot Road Pneus. Die Km Leistung war meist um die 10.000km, als Reifen mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis erschien mir der Michelin Pilot Road4.

Zusammengefasst bin ich mit der Breva 1100 sehr zufrieden, große Schwächen hat sie meiner Meinung keine, die Sache mit dem Endantrieb und den damit verbundenen Schäden reihe ich als großes Pech ein, zumal ich von solchen Defekten an anderen Modellen mit dem CARC Antrieb nichts gehört habe. Für mich ist die Breva ein gutes Allzweckmotorrad, einzig das Eigengewicht sollte etwas geringer sein, ansonsten bedauere ich, das Guzzi diese Baureihe mit Breva, Griso, Norge, Sport und Stelvio nicht weiterentwickelt hat, sondern viel zu früh eingestellt hat. So hoffe ich auf viele weitere problemlose Km mit dieser leiwanden Guzzi.